Vor nunmehr zwanzig Jahren, im Sommer 2003, führte mich mein Weg zum ersten Mal in die Weiten Sibiriens.
Zum ersten Mal begegnete ich der Urkraft der Spirits und Schamanen der sibirischen Republik Burjatien auf der Insel Olchon im Baikalsee.
Und zum ersten Mal erlebte ich dort die archaische Urgewalt ihrer jahrhundertealten Zeremonien.
In dieser ersten Zeremonie, bei der die vier höchsteingeweihten Schamanen ihre Ahnen und die Spirits (Ongons) des Landes anriefen und um Rat und Heilung für uns alle baten, konnte jeder Teilnehmer ein Anliegen an die Spirits vorbringen.
Und so kam es, dass ich zum ersten Mal vor einer sibirischen Schamanin kauerte und mich fragte, was ich für Antworten bekommen würde.
Als wollte sie mich von meiner Unsicherheit befreien, lachte die von der Schamanin Bairma Baldanova inkorporierte Schwanenmutter, die mich zum Ende der Zeremonie zu sich rief, um mich mit ihrer 'Peitsche' zu reinigen und zu segnen und meine Fragen zu beantworten.
Sie wußte schon, dass ich innerlich noch immer verwundert war, in Sibirien und nicht in Brasilien, dem Land meiner Ahnen mütterlicherseits, gelandet zu sein. Verwundert auch über die für mich damals unglaublichen Geschehnisse und Fügungen, die überhaupt zu dieser Reise geführt hatten. Und darüber, dass ich eine der letzten Teilnehmer war, die nun eben ausgerechnet vom 'höchsten' Spirit der Burjaten, der Mutter des Volkes, Antwort erhielt. Die meisten Teilnehmer aus meiner Expedition waren schon zu Bett gegangen, da es bereits fast Mitternacht war. Die Schwanenmutter wird als Höhepunkt am Ende der Zeremonie eingeladen und sie segnet die Anwesenden, das Land und das ganze Volk.
Sie lachte also und erklärte, dass ich schließlich nach meinen Wurzeln gefragt hätte, und diese seien hier auf der Baikalinsel Olchon, denn meine Urahnen seien von hier aus einer Prophezeiung folgend über die Beringstraße durch Nordamerika bis nach Südamerika gewandert.
Ich hätte nun also noch mehr Grund zu Verwunderung und Zweifel gehabt, denn mit dem Verstand konnte ich nichts davon begreifen. Zumal die Schwanenmutter Altburjatisch sprach und die Helferschamanen dies auf Russisch wiedergaben, was dann von der Übersetzerin ins Englische übersetzt wurde.
Der zweite Teil der Botschaft bezog sich dann auf meine zweite Frage, welche Schritte ich gehen müsste, um meinen schamanischen Lehrer zu finden.
Die Worte der Schwanenmutter versetzten die einheimischen Schamanen in Aufruhr, denn ich sollte, möglichst sofort, von der ranghöchsten weiblichen Schamanin, eben jener, durch welche die Schwanenmutter gerade sprach, in burjatischer Tradition eingeweiht werden.
Aufruhr, wohl zu Recht, denn ich war die erste Nichtburjatin, die diese Botschaft erhielt, und die Schamanen wußten nicht, was sie erwarten oder tun sollten.
Zwar waren schamanische Tradition und Praxis zu Zeiten der Sowjetunion verboten und unterdrückt. Burjaten in der Mongolei jedoch war es gelungen ihre schamanische Lebensweise aufrechtzuerhalten und diese seit der Perestroika wieder an sibirische Schüler aus Burjatien und Aginsky/Chita Oblast (weiter im Osten) zu vermitteln.
Vor zwanzig Jahren und so kurz nach der Perestroika wurde der burjatische Schamanismus gerade erst wiederbelebt und viele der verlorenen Zeremonien und Rituale, Informationen zu deren genauem Ablauf und Anforderungen, mussten von der Geistigen Welt neu gelehrt und durchgegeben werden.
Verständlich also, dass die Schamanen zögerten und sich dann darauf einigten, dass ich im darauffolgenden Sommer 2004 wiederkommen und dann meine Einweihung erhalten sollte.
Damals im Sommer 2003 fand das zweite Treffen burjatischer Schamanen aus der Irkutsker Region am Westufer des Baikals und Schamanen aus der burjatischen Hauptstadt Ulan Ude östlich des Baikalsees, sowie aus dem noch weiter im Osten liegenden Aginsky/Chita in der Region Zabaikal statt.
Wie es dazu kam, dass ich nun geführter und magischer Weise auf Olchon bei diesem außergewöhnlichen Treffen dabei war, soll später erzählt werden.
Und man möge mir hier meine Wortwahl 'magisch' mangels fehlender Alternativen nachsehen, doch so empfand ich damals alle Ereignisse, die zu dieser Reise geführt hatten. Heute denke ich eher, dass dies nur die natürlichen Wirkungen im Außen sind, wenn wir im Einklang mit unserem höchsten Selbst, und unserem Herzensweg sind und der Führung unserer Schöpfung ohne zu wissen vertrauen. In jedem Fall betrachte ich es als großes Geschenk und noch größere Ehre. Ganz genau so, wie nun das ganze Projekt.
Auch meine im Anschluss noch spontan gebuchte Reise nach Tuva und meine Erlebnisse und Einweihungen in den tuvinischen Schamanismus durch die großartige Schamanin Ai-Tchourek (Mondherz, R.I.P.) mögen ein andermal erzählt werden.
So kam es also, dass ich im Sommer 2004 wieder nach Sibirien reiste, um an der dritten 'Schamanischen Konferenz' teilzunehmen. Diesmal alleine, ohne Expedition, ohne vorausgeplante englische Übersetzung.
Sehr erfreut war ich daher, als mir auf Olchon die Ethnologin und Anthropologin Radjana Dugarova (heute Dugarov-DePonte) vorgestellt wurde. Sie sprach fließend Englisch und wir mochten uns auf Anhieb. Auch im Anschluss an das mehrtägige Treffen am Baikalsee begleitete sie mich mit ihrem Fachwissen und ihrer liebevollen, freundlichen Art zu zahlreichen Zeremonien und Kraftorten im Umland von Ulan Ude und ermöglichte mir mit ihrer Übersetzung und ihrem Wissen Einblick in den burjatischen Schamanismus.
Die meiste Zeit war ich Gast bei Bair Zhambalov und seiner Frau Nimazhab. Nicht nur sie teilten mit mir ihre kleine russische Wohnung und die unübertroffenen Gastfreundschaft der Burjaten. Überall auf dieser Reise wurde ich mit offenem Herzen empfangen und die Neugier auf beiden Seiten brachte viele, äußerst interessante Gespräche hervor. Wenn Radjana oder eine andere Übersetzerin fehlte, verständigten wir uns mit Händen und Füßen, meinen langsam größer werdenden Russischkenntnissen und viel Intuition, was immer wieder zu urkomischen Situationen führte. So fehlte vor allem niemals das erfrischende Lachen dieser Menschen, die jedem Besucher einen reich gedeckten Tisch und Unterhaltung boten.
Während der zahlreichen Zeremonien, denen ich beiwohnen durfte, erbaten die Schamanen und deren Helfer von den jeweils inkorporierten Ongons Einzelheiten zu meiner Einweihungszeremonie. Dabei gab es gleich erste Verständigungsschwierigkeiten, denn die burjatische Schwanenmutter und mein, wie man mir sagte, Inka Hohepriester benötigten ebenfalls einen Dolmetscherspirit. Die Informationen wurden gesammelt und man beschloß am Ende, mich wieder nach Hause zu schicken, damit ich mich vorbereiten könnte, um dann im Folgejahr, also 2005, endlich meine Zeremonie durchzuführen.
Nun, daraus wurde erstmal nichts, da im Juni 2005 mein wundervoller Sohn geboren wurde und meine ganze Aufmerksamkeit auf sich zog.
Erst im Jahr 2008, mit meinem Sohn im Tragesitz, sollte ich wieder die Ufer des Baikals erblicken und meine doppelte Einweihung erhalten. Auch dazu werde ich sehr gern später berichten.
In 2004 jedenfalls sammelte ich Erfahrungen und Kenntnisse in all den Einweihungs-, Familien- und Heilzeremonien.
Mit Vladimir Zharov entstand die Idee, die Reiseroute meiner Ahnen zu erkunden. Mit Rucksack und Kamera könnten wir einfach losgehen, mal sehen wie wir die einzelnen Etappen bewältigen würden, ob zu Fuß, per Anhalter oder mit Rentieren, irgendwie würden wir bestimmt geführt werden, so die verrückte Idee.
Doch daraus wurde natürlich damals nichts, da ich ja mit meinem Sohn erst andere Pläne verfolgte.
All die Jahre kam immer mal wieder die Erinnerung und das Bedauern um diese einmalige verpasste Chance auf. Das Leben, wie es sich mir zeigte, hatte einen anderen Lauf. Viele Wege mussten zuerst gegangen werden, wie ich heute erst verstehe.
Es diente alles der Vorbereitung auf den richtigen Zeitpunkt für etwas weit Größeres als ein Roadmovie, wie Puzzleteile kamen weitere Einzelheiten hinzu. Auf jedem dieser Wege.
Viele Lektionen waren noch zu lernen, vor allem Geduld. Und meine dunkelsten Schatten wandeln, in immer noch tieferen Ebenen.
Ob ich nun bereit bin, bezweifle ich oft noch immer. Doch die Geistige Welt scheint diesen Plan zu haben und ich wünsche nur eins: Mich führen zu lassen, selbst einen Schritt zurückzutreten und zu empfangen. Die Schritte die zu gehen sind, die Mittel die dafür notwendig sind und die Helfer, Unterstützer und Macher, die es braucht, um diese Reise und den dazugehörigen Film zu realisieren. Und vor allem die Gruppe von LichtarbeiterInnen und SchamanInnen, die sich zu dieser Reise der Erdheilung gerufen fühlen.
Einige der empfangenen Puzzlestücke durfte ich am anderen Ende der Welt empfangen, in Südamerika, auf der Mondinsel im Titicacasee und natürlich auch in zahlreichen Zeremonien am Amazonas mit meinen langjährigen schamanischen Lehrern Don Agustin und Dona Marlene.
Bei meiner ersten Reise zum Titicacasee im Jahr 2011 sollte es auf die Mondinsel gehen. Als ich einige Zeit zuvor das Buch 'Die Schlange des Lichts' von Drunvalo Melchiziedek las, durchfuhr mich schon beim Lesen des Namens der Insel ein Schauer und der Wunsch diese Insel zu besuchen, war immer stärker geworden. Da ich nun ausgerechnet zum bolivianischen Nationalfeiertag in Copacabana an diesem wunderschönen See angekommen war, schien es unmöglich ein Boot zu bekommen. Zur Mondinsel fuhren an diesem Tag ohnehin keine Touristen, da alle zu den Festlichkeiten auf der Sonneninsel unterwegs seien, so sagte man mir überall. Wie jedes Jahr waren Menschen aus ganz Bolivien und aus aller Herren Länder hierher gekommen, um den Tag zu feiern und den Segen der Heiligen Jungfrau von Copacabana zu erhalten.
Doch ebenso wie die Reisen in Sibirien immer voll von geführten Begebenheiten waren, versicherten mir meine Geistigen Helfer, dass ich mich nicht um ein Boot sorgen müsse, es wäre eins für mich bereit.
Und so kam es, dass ich allein mit einem Bootsführer und seinem Boot die magische Überfahrt zur Insel antreten konnte.
Als ich meinen Fuß auf den Kieselstrand der Insel setzte erblickte ich in der Ferne eine alten Mann, der auf mich zu kam. Wie verabredet liefen wir in gemächlicher Geschwindigkeit aufeinander zu. Ich war nicht überrascht und ich konnte den Blick nicht von ihm lassen, bis wir einen halben Meter voreinander standen, uns freundlich begrüßten und vorstellten. Er trug einen schwarzen Hut und hatte erstaunlicher Weise graugrüne Augen.
Während der darauffolgenden halben Stunden, erzählte ich ihm von der Geschichte meiner Ahnen und fragte höflich, ob ich ein kleines Heilritual für sie in den Ruinen des Jungfrauentempels machen dürfe, schien mir doch eindeutig, dass er hier ein Platzhüter war.
Er wiederum erzählte mir von all seinen Erlebnissen und von seinem Wissen über die Insel und den See. Er sprach nicht von Zahlen und Fakten und bekannten Inka Legenden, er sprach von Ufos, die er selbst vielfach aus dem See aufsteigen und hineinfliegen gesehen habe, von unterirdischen Tunneln unter dem See und Eingängen in die Welt zum Inneren der Erde.
Und ich war nicht überrascht, es war alles ganz natürlich und selbstverständlich. So als hätten wir uns vor Äonen zu diesem Gespräch verabredet. Am Ende sagte er mir, wie wichtig es sei, dass ich gekommen war, und bat darum, mein Ritual für die Insel, den See und die Menschen zu machen.
Also wanderte ich fast in Zeitlupe weiter zu den Tempelruinen der Jungfrauen der Sonne und sog die Magie der Insel mit jeder Faser meines Körpers auf.
Schon während ich die Ruinen besichtigte erhielt ich Botschaften über die Jungfrauen und ihr Leben damals auf der Insel.
Doch das ist eine ganz andere Geschichte.
Ein bisschen oberhalb des großen Tempelplatzes fand ich ein geeignetes Plätzchen für mein Ritual. Mit Blick auf die Schneegipfel am bolivianischen Ostufer des Titicacasees rauchte ich in im wahrsten Sinne es Wortes schwindelerregender Höhe meine Mapachopfeife mit Amazonastabak für meine Ahnen und die Spirits und Menschen dieses Ortes, brachte kleine Gaben dar und betete.
Die Kraft dieses Ortes, ja, der ganzen Hochebene, ist derart hochschwingend, dass ich bis heute den Eindruck habe, mit meinem Wirken ein Dimensionstor geöffnet zu haben. In unglaublicher Geschwindigkeit, oder vielmehr zeitgleich, erhielt ich zahlreiche Downloads aus anderen Ebenen.
Dabei habe ich auch eine Vision zu meinen Ahnen geschenkt bekommen:
Ich sah, nein, erlebte, wie meine Urahnen über die Schneegipfel kamen und den Titicacasee erblickten, und sie wußten, dass sie angekommen waren.
Ich fühlte all ihre Entbehrungen und Leiden, die sie auf ihrer großen Wanderung erlebt hatten. Es waren nur wenige Überlebende oder vielleicht gar die Kinder, Enkel und Urenkel derer, die am Baikalsee losgezogen waren.
Wie lange mag diese Wanderung wohl gedauert haben, Jahrzehnte, Jahrhunderte?
Viele Verwandte sind in Nordamerika und anderswo zurückgeblieben um dort ihr Glück zu finden oder haben unter den harten Bedingungen der Reise ihr Leben gelassen. Doch diejenigen, die Mutter Titicaca erblickten, waren voller Glück und Freude, endlich angekommen zu sein und die Prophezeiung erfüllen zu dürfen.
Das alles und noch vieles Anderes konnte ich in einem kurzen Augenblick meines kleinen Rituals in den Ruinen des Jungfrauentempels auf Koati (Mondinsel) vor meinem inneren Auge erleben und im Herzen fühlen.
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